SchreibWerkstatt
Neue Texte Frankfurter Autoren
116. PRO LESEN - Themenwoche vom 18. - 23. November 2024
Es war einmal in Deutschland
Michel Bergmanns Romane
Die Teilacher
Machloikes
Geschichten von der Rückkehr ins Land der Täter
Büchertisch im Bibliothekszentrum Sachsenhausen
Zugänglich während der Öffnungszeiten der Bücherei
Lesung am Donnerstag, 21. November 2024,
19:00 – 20:30 Uhr
Mit Publikumsgespräch. Eintritt frei
Auf ein Wort
Der Schriftsteller Clemens Meyer
oder Wie sich der Literaturbetrieb selbst ad absurdum führt
Dem talentierten Schriftsteller Clemens Meyer fehlt noch eine Gabe, um zum Statthalter Goethes berufen zu werden: Nämlich Gelassenheit. Insbesondere gegenüber literarischer Inkompetenz anderer. Denn er hätte es nicht nötig gehabt, den Frankfurter Römer bei der Verleihung des Deutschen Buchpreises schimpfend zu verlassen. Sein neuer Roman „Die Projektoren“ ist ein Meisterwerk. Dass er von der Jury nicht ausreichend anerkannt wurde, fällt auf die Juroren zurück. Und auf den Börsenverein des deutschen Buchhandels, der mit seiner Marketingveranstaltung „Long List – Short List – Deutscher Buchpreis“ der deutschsprachigen Literatur keinen Gefallen erweist. Weil er dadurch falsche Akzente setzt und sie überflüssig macht.
Ich lese den täglichen Newsletter des „Börsenblatts des deutschen Buchhandels“. Als Vorsitzender einer Frankfurter Literaturinitiative erhoffe ich mir davon Informationen über das Branchengeschehen. In nahezu jeder Nummer werde ich angegendert. Die weiblichen Mitglieder des Vereins, an die ich die Nachrichten weiterleite, fühlen sich durch die Anrede „*in“ bzw. „*innen“ sogar beleidigt. Sie bestehen darauf, keine Anhängsel zu sein. Wir fragen uns, welche inhaltlichen Maßstäbe Verlage und ihre Verbandsvertreter an die Literatur anlegen. Spielen Grammatik, Ausdrucksvermögen und Rechtschreibung keine Rolle mehr? Denn die kennen keine Sonderzeichen im Wortinneren zur Kennzeichnung von Geschlechtsidentitäten. Selbst eine der prägenden Gestalten der feministischen Linguistik, Luise F. Pusch, kritisiert Genderstern und ähnliche Zeichen als Hierarchisierung, welche die Gleichstellung von Frauen konterkarieren würde.
Defizite in der Grammatik scheinen toleriert und durch einen ungeschulten literarischen Geschmack kompensiert zu werden. Die exzellente Kenntnis der Literatur muss jedoch zwingende Voraussetzung für die Beurteilung von Manuskripten bzw. Neuerscheinungen sein. Trotzdem wird sie zunehmend durch Proporzabwägung ersetzt. Etwa durch Fragen wie: Enthalten die Auswahllisten genügend Frauen? Wie sieht es mit Queeren aus? Sind Migranten vertreten? Wurden Schwarze berücksichtigt?
Doch literarisches Schreiben bedarf ausschließlich des Könnens sowie der Fähigkeit, über ein Gespür für Substantielles zu verfügen. Es basiert auf der vollkommenen Beherrschung der Sprache. Und ebenso auf dem Vermögen, den Geist der Zeit analysieren und die Fragen, die er aufwirft (auch jene nach der Rolle der Geschlechter und Ethnien), exemplarisch, überzeugend und künstlerisch darstellen zu können.
Bleiben Sie kritisch.
Ihr Klaus Philipp Mertens