Das Bildungsproletariat erfreut sich an seiner neuesten Hymne, die den Titel „Leyla“ trägt.Man kann es verstehen. Die heutige Befehlsempfänger-Generation hat in ihrem Alltag nicht viel Anlass zum Lachen, darüber täuscht auch das jährliche Mallorca-Exil („Ballermann“) nicht hinweg. Also muss sie sich mal verbal austoben. Doch was ist an einer Textzeile wie „Sie ist jünger, schöner, geiler!" so aufregend?
Vor 62 Jahren war das Lied über eine andere junge Frau, die ähnlich hieß, nämlich „Laila“, viel konkreter. Die niederländische Songgruppe „Regento Stars“ mit ihrem Sänger Bruno Majcherek besang damals einen kranken Fremdenlegionär, der im Frauenhaus in Algier die Frau seiner Träume gefunden hatte:
„Laila, nur die eine Nacht erwähle mich,
küsse mich und quäle mich…“.
Oder:
„Laila, heute Nacht will ich dich wiederseh’n,
Laila, deine schlanken braunen Glieder seh’n…“.
Die katholische Kirche lief Sturm gegen den nach ihrer Meinung vulgären Text. Daraufhin weigerten sich die öffentlich-rechtlichen Sender, das sündige Lied zu spielen. So wurde es zum Gassenhauer der Kirmes- und Rummelplätze. Der ungeschulte Geschmack des Volkes setzte sich durch, in diesem Fall haftete ihm sogar eine Spur von Aufbegehren an.
Die erste Auflage der Single wurde übrigens mit einem Druckfehler auf dem Plattenumschlag produziert: Leila anstatt Laila. Der Fehldruck ist den alten und neuen Fans viel Geld wert.
Am entgegengesetzten Pol der antiintellektuellen Welt versucht derzeit ein unreflektierter Feminismus seine synthetische Sprache durchzusetzen. Doch wer eine gewachsene Sprache auf künstliche Weise verändert, unterstützt nicht deren notwendige Weiterentwicklung, sondern instrumentalisiert sie zu Gunsten ideologischer Ziele. Die Verfechter des Genderns übersehen, dass sich in der langen deutschen Sprachgeschichte Entwicklungen nur in genuiner Weise auf der Basis des jeweils Erreichten vollzogen haben. Die deutsche Sprache kennt keine Gendersymbole und keinen Glottisschlag.
Dagegen hilft nur noch ein Spottlied:
Das Lied vom Gendern
Ich träumt‘, ich wär‘ ein Genderstern,
ein Doppelpunkt, ein Gap,
ein modisch-geiles Kettenglied
für den Geschlechter-Nepp.
Ein Albtraum aus dem Folterbett
in EMMAs Gender-Shop.
Der Plunder roch schon antiquiert,
erwies sich nicht als top.
Doch Sprache muss ein Abbild sein
von alledem, was ist;
beschreibt konkret und allgemein,
schlüssig wie ein Jurist.
Zwar glaubte Ur-Mensch Adam noch
im Buche Genesis:
Eva sei Bein von seinem Bein,
hieße Männin, war's gewiss.
Aus seiner Rippe ward geformt
ein zweiter Mensch, die Frau.
Mit eig’nem Namen, keine *in,
der Schöpfer war genau.
Den Anhängern vom Glottisschlag
geriet absurd der Sinn.
'Mann steht vorn, Frau folgt nach,
mehr sei für sie nicht drin.
Weil es an der Grammatik hakt,
am fehlenden Wortschatz,
weil Sprache nur aus sich gedeiht,
sind Dogmen fehl am Platz.
Damit die Blödheit nicht obsiegt,
behaupte ich ganz kühn:
Wer sich über and‘re definiert,
der irrt, trotz rot, trotz grün.
Das Lied hat (noch) keine Melodie. Allerdings passt der Refrain von „Ich möcht' so gern Dave Dudley hör'n“ der Gruppe „Truck Stop“ aus dem Jahr 1978 ganz gut dazu. Die sangesfreudigen Leser sollten es mal ausprobieren.
Klaus Philipp Mertens