Archiv "Vom Geist der Zeit" | Gesellschaft und Politik

Unvereinbarkeitsbeschluss

Die Frankfurter Initiative „CITOYENS“ legt politische Aussagen auf die Waagschale

(c) Konferenz politischer Medien

Drei Monate vor der Bundestagswahl werden Wähler und Mitglieder der Parteien zunehmend per E-Mail dazu aufgerufen, für eine jeweilige Partei zu stimmen und sie aktiv zu unterstützen. Das ist legitim und könnte, falls es mit guten Argumenten unterfüttert wäre, zur politischen Meinungsbildung beitragen. Doch die Forderungen sind selten gut begründet. Zu häufig handelt es sich um Schlagworte, die oberflächlich, fast phrasenhaft, formuliert sind (bei der AfD sogar offen volksverhetzend). Sie vermeiden eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Aussagen der Parteiprogramme, denen es ihrerseits an Konkretion mangelt. All dies wird dem Wahlrecht als besonderer Mitbestimmungsmöglichkeit der Staatsbürger nicht gerecht.

 

Die Frankfurter Initiative Citoyens, in der sich politisch, sozial und kulturell engagierte Bürger unorganisiert zusammenfinden (einige gehören SPD, Linken und Grünen an), hat einen Kriterienkatalog erstellt, anhand dessen sich das Demokratie- und Fortschrittsverständnis einer politischen Partei einschätzen lässt. Damit das nicht zur unverbindlichen, friedlich-schiedlichen Empfehlung wird, positionieren sich die Citoyens eindeutig und fordern:

 

Keine Stimme für Parteien,

 

  • die auf Facebook,Instagram oder WhatsApp präsent sind,
     
  • die Frauen als Anhängsel der Männer verstehen und dies durch Genderstern, Genderstrich oder Genderdoppelpunkt kenntlich machen,
     
  • die Covid-19 auf die leichte Schulter nehmen und dadurch Gesundheit und Lebensqualität der Mitbürger gefährden,
     
  • die Bildung und Kultur geringschätzen, anerzogene Dummheit entschuldigen und Manipulation als Mittel in der politischen Auseinandersetzung tolerieren oder anwenden,
     
  • die Ungerechtigkeit als hinzunehmenden Kollateralschaden der Marktwirtschaft bezeichnen,
     
  • die das Gesundheitswesen und die allgemeine Daseinsvorsorge privatisieren wollen,
     
  • die Grund und Boden dem Privateigentum zurechnen und dadurch u.a. Menschen das Recht auf Wohnen absprechen,
     
  • die Natur und Klima als unbeschränkt verfügbare Ressourcen für wirtschaftliches Handeln definieren,
     
  • die Digitalisierung für einen Selbstzweck halten, statt Notwendigkeit und Umfang am jeweiligen Ziel auszurichten und Datenmissbrauch auszuschließen,
     
  • die internationale Solidarität auf wirtschaftliche (neoliberale) Globalisierung reduzieren.

 

Die Citoyens bilden ein Netzwerk, das jedem offensteht und in dem sich die Mitmacher gegenseitig informieren. Beispielsweise über Info-Stände der Parteien und öffentliche Wahlversammlungen, wo Nachfragen zu den verlautbarten Programmaussagen gestellt werden können. Es werden auch Tipps gegeben, um sich per Leser- bzw. Hörerbrief bei Zeitungen und Rundfunksendern zu melden, wenn die Aussagen von Parteien und Bundestagskandidaten allzu abgegriffen und populistisch erscheinen.
Die Idee zu dieser staatsbürgerlichen Initiative entstand in einem Arbeitskreis, der sich seit Jahren mit Fragen der politischen Bildung in den Medien auseinandersetzt. Ihm gehört auch der Autor dieses Beitrags an.

 

Die E-Mail-Kontaktadresse lautet: Citoyens.Frankfurt@t-online.de.

 

K. P. M.