Archiv "Vom Geist der Zeit" | Gesellschaft und Politik

Käuflich und verkommen

Zur Studie des Else-Frenkel-Brunswik-lnstituts der Universität Leipzig über rechtsradikale Tendenzen in Ostdeutschland

AfD-Propaganda

Ist die hohe Zustimmung zur AfD in Ostdeutschland als Protest kritischer Bürger gegen nicht nachvollziehbare Regierungsentscheidungen zu bewerten? Nein. Denn es handelt sich nicht um einen Streit im Rahmen des gesellschaftlichen Diskurses um den besten Weg, sondern um einen Kampf gegen den freiheitlichen Staat. Die hier zu Tage tretende Renitenz von Antidemokraten ist typisch für destruktive und faschistoide Gesinnungen. Diese Abtrünnigen wünschen sich die autoritäre DDR und vielfach den NS-Staat zurück. Sie proklamieren Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus. Fühlen sich diskriminiert ohne dafür einen Grund nennen zu können, sind bildungsfern, falsch informiert, unsolidarisch, verkennen die Gefahren des Klimawandels und verstehen die immer komplexer werdende Welt nicht. Karl Marx würde sie dem „Lumpenproletariat“ zuordnen, das durch seine »Käuflichkeit und Verkommenheit« bestimmt ist.

 

Dabei sind sie selbst Fremde gewesen. Haben am 3. Oktober 1990 um Asyl in der Bundesrepublik nachgesucht und sind in die westdeutschen Sozialsysteme eingewandert. Der Staat, dem sie heute nachtrauern, hat ihnen weder eine gefüllte Rentenkasse noch eine leistungsfähige Krankenversicherung hinterlassen.

 

Sicherlich: Mehr als die Hälfte der Ostdeutschen hat die Voraussetzungen für die Einheit nicht vergessen und zieht daraus die Kraft zur Stärkung der Demokratie. Ebenso hält die überwältigende Mehrheit der Westdeutschen diese Solidarität für alternativlos und für einen wichtigen Teil des gemeinsamen Staatsverständnisses.

 

Dennoch besteht kein Anlass, die AfD-Wähler mit Samthandschuhen anzufassen. Denn für die Demokratie scheinen sie verloren zu sein. Vielmehr sollte der Leitsatz von Artikel 18 des Grundgesetzes gelten: „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“.

 

 

Klaus Philipp Mertens