Archiv "Vom Geist der Zeit" | Gesellschaft und Politik

Deutsche Kultur in schlechter Gesellschaft

Was der Skandal auf der Berlinale offenbart

© Deutscher Taschenbuch Verlag dtv 1962

Wenn sich Berlinale-Preisträger wie Ben Russell, Basel Adra oder Yuval Abraham mit der kriminellen Hamas solidarisieren und das Publikum (einschließlich der Kulturstaatsministerin) dafür applaudiert, wirft das erneut einen Schatten auf die deutsche Kulturlandschaft. Dort wird ausgeblendet, dass sich hinter der Terrororganisation Hamas die größten Menschenschinder verbergen, welche die Welt derzeit aufweist: Irans Mullah-Regime, die Hisbollah im Libanon, der syrische Diktator Assad und nicht zuletzt der Mörder Wladimir Putin.
 

Auf der offiziellen Ankündigung der Preisverleihung wird gegendert. Möglicherweise halten die Verantwortlichen der Filmfestspiele das für modern, geschlechtergerecht und politisch progressiv. Es ist aber zu befürchten, dass durch solche Eingriffe in die Sprache Tatsachen verschleiert werden sollen.

 

Überhaupt: In den Reihen derer, die sich für intellektuell halten, wird gegendert „auf Teufel komm raus“. Die Rechtschreibreform, auf die sich vier deutschsprachige Länder und drei Länder mit deutschsprachigen Minderheiten 1996 verständigt haben, lässt die Genderzeichen nicht zu. Denn in der geschriebenen und gesprochenen Sprache soll die Grammatik eindeutig erkennbar sein. Und ohne diese wird Kommunikation missverständlich bis unmöglich und jede auf Sprache bezogene Kunst kunstlos. Zudem ist die Reduzierung von Frauen auf Anhängsel wie *in bzw. *innen unvereinbar mit der proklamierten Geschlechtergerechtigkeit. Eher lässt sich diese Typisierung der Nazi-Kategorisierung „Mütter im Vaterland“ zuordnen. In diesen Kreisen erlebt auch anderer, längst als überwunden geglaubter, Nazi-Jargon regelmäßig eine freudige Auferstehung. Besonders beliebt bei Pseudointellektuellen ist Joseph Goebbels Sprachschöpfung „Kulturschaffende“. Die nationalsozialistische Propaganda leitete den Begriff ab von der NS-Phrase „Arbeiter der Stirn und der Faust“.
 

Wer der Kulturtechnik des verstehenden Lesens mächtig ist, kann all das nachlesen in den Aufsätzen der Journalisten Dolf Sternberger, Gerhard Stürz und Wilhelm E. Süskind: „Aus dem Wörterbuch des Unmenschen“ (erschienen in der Zeitschrift „Die Wandlung“,1945 ff). Im Vorwort zur Buchausgabe (1957) scheinen die Verfasser bereits zu resignieren: „Das 'Wörterbuch des Unmenschen ist das Wörterbuch der geltenden deutschen Sprache geblieben, der Schrift- wie der Umgangssprache …“.
 

Der Medienwissenschaftler Horst Pöttker, ehemals verantwortlicher Redakteur der Fachzeitschrift „medium“ (Frankfurt a.M.) und späterer Professor für Kulturwissenschaften in Dortmund, promovierte 1978 in Basel mit der Arbeit „Zum demokratischen Niveau des Inhalts überregionaler westdeutscher Tageszeitungen“. Pöttker bestätigt anhand zahlreicher Beispiele die Befürchtungen von Sternberger, Stürz und Süskind.

 

Die Verantwortlichen der Berlinale sollten sich trauen, die Preisverleihungen an Hamas-Sympathisanten zu widerrufen. Und der Kulturstaatssekretärin Claudia Roth sei geraten, sich aus der Politik zurückzuziehen. Ich empfehle ihr, sich als Pensionistin der Aufarbeitung eines dunklen Kapitels aus der Gründungszeit der Grünen zuzuwenden. Nämlich des Zustroms von Rechten und Alt-Nazis aus der „Aktionsgemeinschaft unabhängiger Deutscher AUD“ (vormals „Deutsche Gemeinschaft“) in die neue grüne Partei. Beispielsweise war der Nazi-Journalist August Haußleiter kurzzeitig Sprecher der Partei und Herausgeber der Wochenzeitung „Die Grünen“. Auch die Rolle des Öko-Bauern Baldur Springmann, eines unbelehrbaren Holocaust-Leugners, wäre endlich zu untersuchen. Ebenso der Einfluss ehemals „brauner“ Anthroposophen.

 

 

Klaus Philipp Mertens