Archiv "Vom Geist der Zeit" | Gesellschaft und Politik

Das Rumpelstilzchen-Syndrom

Ist die FDP regierungsfähig?

© ARD

Was nicht zusammenpasst, kann nicht zusammenwachsen. Und folglich nicht zusammen regieren. Das sollte den Parteien, die seit 1 ½ Jahren die Bundesregierung bilden, von Anfang an klar gewesen sein. Vor allem, weil die FDP seit langem von einem Rumpelstilzchen-Syndrom befallen ist. Sie versucht sich mit Zaubertricks (verweigert trotz dringend benötigter Einnahmen die höhere Besteuerung jener Spitzeneinkommen, die seit Jahren geschont werden), erhebt alleinigen Anspruch auf eine Errungenschaft anderer (macht aus dem 9-Euro-Ticket eine digitale Hochpreisfahrkarte) und neigt zum Pakt mit dem Teufel (definiert Klimaschutz als Fortschreibung von unreguliertem Autoverkehr und fossiler sowie atomarer Energie).

 

Die Koalitionspartner hätten auch 60, 90 oder noch mehr Stunden beraten können. Ohne unzweideutige Entscheidungen, eine davon hätte der Rausschmiss der FDP sein müssen, kann diese Regierung weder zukunftsfähig noch handlungsfähig werden.

 

Das Ende der Koalition müsste nicht notwendigerweise das Ende der Regierung bedeuten. Selbst die CDU kann kein Interesse an der Zusammenarbeit mit Rumpelstilzchen haben, denn das wäre politischer Selbstmord. Mit der intellektuell ausgebluteten SPD ist zwar derzeit wenig Staat zu machen. Aber eine rot-grüne Minderheitsregierung, die bei Fragen von nationaler Wichtigkeit auf Unterstützung von CDU/CSU und Linken setzte, wäre nicht chancenlos.

 

Klaus Philipp Mertens