Die Informationen über diese Rolle rückwärts in der Geschlechteremanzipation erreichen mich aus zweiter Hand. Denn ich kenne niemanden, der Facebook, Instagram oder Tiktok nutzt; auch ich verzichte darauf. Zwar bin ich sehr gut vernetzt, vor allem in den Bereichen Literatur, Politik und Publizistik. Aber „social media“ wäre der Abstieg in eine extrem schlichte Parallelwelt. Nach meiner Wahrnehmung denken viele Frauen ähnlich. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass sie vielfach tonangebend sind, jedenfalls häufiger als man annimmt. Folglich halte ich das Phänomen „Tradwives“ für überbewertet – zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Der Trend kommt aus den USA, was mich nicht verwundert. Denn die halbseidenen Milieus, die einen Donald Trump hervorgebracht haben, sind zu allen Schandtaten fähig; ja, sie sind ein Paradebeispiel für gesellschaftliche Bewusstlosigkeit einschließlich der Negation sämtlicher sozialer Errungenschaften.
Dennoch scheint diese Hausfrauenideologie real zu sein. Und ich mutmaße, dass sie unter Bildungsfernen, Abgehängten, religiösen Dogmatikern und Rechten auf positive Resonanz stößt. Alle diese werden, eben weil sie vieles nicht durchschauen, von Geschäftemachern instrumentalisiert. Geld stinkt bekanntlich nicht. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass es sich bei diesem Trend um eine hochgejubelte Erscheinung handelt, deren Bedeutung viel geringer ist als es auf den ersten Blick scheint. Allerdings besteht die Gefahr, dass Errungenschaften, vor allem im Bereich der Frauenemanzipation, in ihr Gegenteil verkehrt werden könnten. Unter aktiver Beteiligung der Frauen selbst.
In diesem Zusammenhang ist auch der Streit um eine geschlechtergerechte Sprache zu nennen. Die deutsche Sprache verfügt über eine Vielzahl an Eigenschaftswörtern, um Gutes und Böses, Gerechtes und Ungerechtes eindeutig bezeichnen zu können. Gerecht ist eine Sprache dann, wenn sie „alles, was der Fall ist“ (so der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein) exakt zur Sprache bringen kann. Und die in der Praxis vor allem auch denen eine Stimme gibt, die sich selbst nicht zu Wort melden können.
Als das Gendern in Mode kam, warnte die feministische Linguistin Luise F. Pusch, die Nestorin ihres Fachs, vor dem Gebrauch von Asterisk, Doppelpunkt oder Gender-Gap, um damit weibliche Endsilben an genderneutrale Substantive anzuhängen. Dadurch entstünde eine unerwünschte Hierarchisierung zum Nachteil von Frauen. Damit bekräftigte sie, was sprachlogisch seit dem Mathematiker und Sprachlogiker Gottlob Frege anerkannt ist: „Nur wenn A, dann B; umgekehrt: „B, wenn A“. Die nichtreflektierenden Vertreterinnen der feministischen Linguistik interpretieren auch das genderneutrale Maskulinum als männlich und versehen es mit einer angekoppelten weiblichen Endung. Doch welche selbstbewusste Frau möchte ein Anhängsel sein?
Wer die Auffassung vertritt, dass in der realen Sprache Frauen lediglich mitgemeint seien, hat im Deutschunterricht nicht aufgepasst (ein Defizit, das nach meiner Beobachtung bei Grünen un d Pseudolinken überproportional verbreitet ist). Denn das genderneutrale Maskulinum (Epikoinon) meint Frauen und Männer, Frauen sind nicht unterklassig „mitgemeint“. Luise F. Pusch hat vor diesem Hintergrund für neue Wortschöpfungen plädiert. In ihrem Entwurf steht beispielsweise Freundin für die weibliche Form, Freundis für die männliche und Freundil für diverse Geschlechter. Der jeweilige Plural lautet Freundinne, Freundisse und Freundille. Doch sprachliche Erneuerungen sollten in genuiner Weise, also aus sich selbst heraus, entstehen – und nicht auf synthetische Weise von außen aufgesetzt werden.
Sollten die „Tradwives“ auf junge Frauen hierzulande einladend wirken, besäße vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk (falls er sich nicht kastrieren lässt) die Möglichkeit, eine Konterrevolution zu verhindern. Beispielsweise durch die Schaffung eines Social Media Kanals auf ARD-Basis, der sich als Alternative zu den Päderasten- und Extremisten-Foren von Meta und Tiktok verstünde. Vielleicht fällt Verstand vom Himmel (direkt in die Köpfe der Intendantinnen und Intendanten) und Mut (in die Köpfe der Chefredakteurinnen und Chefredakteure).
Klaus Philipp Mertens